Ein Gastbeitrag von Robert Zepnik

Ein Leitfaden, um für eine bessere Zukunft zu investieren

Investieren für den eigenen Wohlstand und intakte Lebensgrundlagen: Kann das bei all den aktuellen Ereignissen noch funktionieren?

Medienberichte legen nahe, dass der Boom der nachhaltigen Geldanlagen ein Ende gefunden haben könnte. 2019 schien der Durchbruch erreicht, als Larry Fink, Chef des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock, seinen jährlichen Brief an die CEOs jener Unternehmen richtete, in die BlackRock investiert war. Er sprach von der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen, von „Stakeholder Capitalism“, wonach sie nicht nur ihren Aktionär:innen, sondern allen Stakeholdern gegenüber verantwortlich sind. Heute verwendet Fink den Begriff „ESG“ nicht mehr, er „wäre politisch zu aufgeladen“.

Multiple Krisen erschweren Veränderung

Wir leben in einer Zeit multipler Krisen: Pandemie, Kriege, Energiekrise, Inflation, Handelskriege etc. Dies zeigt sich unter anderem in der kollektiven Suche nach Vertrautheit und Geborgenheit, nach Sicherheit und Traditionen. Gleichzeitig wächst global die Abwehrhaltung gegenüber Veränderung und allem, was (noch) nicht als „normal“ gilt. „Kognitive Dissonanz“, der unangenehme Missklang in unseren Köpfen, der oft dann entsteht, wenn unser Verhalten, unsere persönliche Einstellung oder unser Weltbild im Widerspruch zu neuen Erkenntnissen (wie denen der Klimaforschung) steht, verbraucht zusätzlich Ressourcen. Die steigende Anzahl an Depressionen, Burn-Out oder auch Essstörungen zeigt unsere aktuelle Überforderung: Die ständigen Krisen, äußere und innere, machen uns müde, lassen nichts „Neues“ mehr zu und führen mitunter zur Verdrehung oder gar Zerstörung der Wahrheit.

frau-verzweifelt-graphix-made-(c)-pixabay.jpg

© Graphix Made | Pixabay (KI-generiert)

Backlash in Umwelt- und Klimaschutz

So verwundert es nicht, dass wir derzeit einen Backlash, einen Rückschlag, bei Umwelt- und Klimaschutz erleben. Wir hinterfragen die „Normalität“ kaum noch, verstecken uns hinter (vermeintlich) Vertrautem, lassen uns vom kurzfristigen Kick durch Dopamine und Endorphine (Konsum und Social Media) treiben.

Dadurch vernachlässigen wir eine langfristigere Perspektive. Dies ist u. a. auch das Ergebnis jahrzehntelanger gezielter Desinformation der fossilen Lobby, die sich wider besseres Wissen an ihren Profiten festklammert (wie früher die Tabakindustrie) und dabei ohne Zögern den Kollaps der menschlichen Spezies in Kauf nimmt. Misinformation kommt heute allerdings auch von Politik und Wirtschaftsverbänden, die sich damit sogar gegen ihre Wähler:innen bzw. Mitglieder stellen: Klimaschutz (besser der Schutz unserer eigenen Lebensgrundlagen!) wäre schlecht fürs Geschäft.

Dass dieses Geschäft bald keine Grundlage mehr hat, scheint das Problem späterer Generationen zu sein. Auffällig ist, dass Nachhaltigkeit gerne als linksideologisches Gedankengut bezeichnet wird. Die Schöpfung zu bewahren ist allerdings, wie auch die Physik dahinter, weder ideologisch noch auf politische Farben festgelegt, allenfalls sogar eher als konservativ und bewahrend zu verorten, auch wenn von dort derzeit die größte Kritik kommt. „Ohne Gesundheit ist alles nichts“ - weder privat noch wirtschaftlich, heute und in Zukunft. Und unsere Gesundheit steht auf dem Spiel.

Die beschriebene kurzfristige Betrachtungsweise übersieht oder ignoriert die Irreversibilität ökologischer Kipppunkte: Das Pariser Klimaziel spricht nicht zufällig von „wesentlich unter 2°C, idealerweise 1,5°C“, denn über diesen Werten drohen einige „Stabilisatoren“ im Klimasystem zu kippen. Und diese sind dann nicht mehr wiederherstellbar, sondern verstärken ihre auslösende Entwicklung, die Klimaerhitzung.

Die Klimaerhitzung gerät in den Hintergrund, verschwindet aber nicht

2024 war weltweit - wieder einmal - das wärmste Jahr in der Messgeschichte, um 1,62°C wärmer als der vorindustrielle Durchschnitt. Die Ziffern des Pariser Klimaabkommens orientieren sich am 20-jährigen Durchschnitt, der mittlerweile eine Erderhitzung um rund 1,3°C zeigt. Das österreichische Wegener Center der Universität Graz konstatiert in einer bahnbrechenden Studie eine Beschleunigung der Erhitzung und somit das Erreichen der 1,5°C-Schwelle wohl schon 2028.

Die Prognosen zur Erderwärmung beim aktuellen Kurs liegen bei 2,7°C! Eine katastrophale Vorstellung. Schon heute erleben wir verheerende Unwetter auf dem gesamten Globus, die zahlreiche Menschenleben und hunderte Milliarden an Schäden kosteten. Kaum auszumachen, wie sich 2,7°C Erwärmung samt Überschreiten von Kippunkten auswirken könnten, auch wenn der US-amerikanische Nobelpreisträger William Nordhaus 2018 in seinem DICE-Modell (Dynamic Integrated Climate-Economy Modell) eine Erwärmung um 3,5°C als Kosten-Nutzen-Optimum errechnet hatte. Inzwischen wurde das Modell übrigens von internationalen Wissenschaftler:innen überarbeitet und auf 1,5 – 1,8°C korrigiert.

Drill, baby, drill!

Die erneute Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten sowie Klagen von elf US-Bundesstaaten gegen Anlagegesellschaften wegen „ESG“ sind weitere Belege für die aktuellen Herausforderungen von Sustainable Finance. Sie zeigen, dass es ohne Begleitung durch die Politik schwieriger wird. Nachdem die USA (zum zweiten Mal) aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen sind, bleibt abzuwarten, ob der Slogan „Drill, baby, drill!“ die beachtlichen Zuwachsraten der Produktion erneuerbarer Energien, selbst in US-Bundesstaaten wie Texas, reduzieren kann. Ich bezweifle, dass sich die Unternehmen ihr Geschäftsmodell vorschreiben lassen, denn mit Erneuerbaren lassen sich mittlerweile die höchsten Gewinne erzielen.

Physik ist nicht verhandelbar

Wenn wir als Europa nur die Zeichen der Zeit erkennen würden: Die Abwendung vom Umweltschutz in den USA und anderen Petrostaaten, wie Russland, den Golfstaaten etc. schafft einmalige Gelegenheiten für Europa, endlich wieder Weltspitze in einem Gebiet zu werden. Dieses Vakuum, zusammen mit der gezielten Anwerbung US-amerikanischer Wissenschaftler:innen, die reihenweise ihre Jobs verlieren, könnte dazu genützt werden, in Nachhaltigkeitstechnologien auf lange Zeit einen Vorsprung zu generieren. In der Solar- und Batterietechnik haben wir das bereits versäumt oder wieder verspielt, in der Kommunikations- und Software-Technologie werden wir dem Silicon Valley so schnell keine Konkurrenz machen können. Die Physik hinter dem Klimawandel lässt sich allerdings nicht verhandeln, sie gilt auch für die Trumps oder Putins dieser Welt und birgt wachsende und leider dramatisch unterschätzte Risiken für Kapitalmärkte und Realwirtschaft. Die zentrale Frage lautet daher: „Change by design or by desaster?“

Nachhaltige Geldanlage trotz allem weiterhin gefragt

In Europa ist der EU Green Deal zwar unter Druck und wird zum Clean Industrial Deal mit geringeren Berichtspflichten für Unternehmen, dennoch konnten die Zuflüsse zu ESG-Fonds 2024 in Europa (Q1: $ 11 Mrd.) die Abflüsse in den USA (- $ 9 Mrd.) noch mehr als ausgleichen. Der jüngste „Austrian ESG Funds Survey 2025“ der rfu research GmbH berichtet für Österreich von weiter steigenden Volumina, v.a. im Bereich von Publikumsfonds:

zepcon-nachhaltige-publikumsfonds-AT.jpg

Abbildung: Nachhaltige Publikumsfonds in AT (Quelle: rfu, eigene Darstellung)

Impact gewinnt an Bedeutung

Wer allerdings gedacht hatte, mit nachhaltiger Geldanlage schnell reich zu werden und so nebenbei „die Welt zu retten“, wurde wahrscheinlich enttäuscht. So wurde bspw. die Branche „Erneuerbare Energien“ – für viele das Synonym für nachhaltige Geldanlage – nach einem (übertriebenen) Kursfeuerwerk nach Corona durch externe Effekte, wie z. B. Lieferkettenprobleme und v.a. dramatisch gestiegene Zinsen, enorm belastet. Doch inzwischen sollten die Bewertungen von nachhaltigen Geldanlagen weniger vom ersten Nachfrageboom als vielmehr von den Fundamentaldaten der Unternehmen geprägt sein. Deren Performance wird heute immer weniger nur eindimensional in puncto finanzieller Rendite, sondern immer mehr auch in puncto Impact, also ihre konkrete Wirkung, betrachtet. So wollen heute 51% der Kleinanleger:innen mit ihren Ersparnissen etwas bewirken

Diese neue Perspektive, die generell wachsende Skepsis zu nachhaltigen Themen und nicht zuletzt die lauter werdenden Stimmen zu Green- bzw. Impactwashing im Veranlagungsbereich haben mich* veranlasst, (noch) genauer hinzusehen, nach Gründen für die zu beobachtende Verunsicherung bei Investor:innen UND nach Lösungen zu suchen. Ich möchte mit meinem Leitfaden „Investieren für eine bessere Zukunft“ zeigen, was nachhaltige Geldanlage ist, wozu wir sie brauchen, wo die aktuellen Herausforderungen liegen, was sie bewirkt und wie sie für eine bessere Zukunft optimiert werden könnte. Dabei berücksichtige ich sowohl aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse als auch zwei eigene Praxisstudien zu Impact- und Transition-Investing, jeweils aus der Sicht der Anlageberatung und eines interessierten Anlegers oder einer interessierten Anlegerin.

Ziel dieses Leitfadens ist Aufklärung und Information für alle Interessierten und vielleicht auch, den einen oder anderen Anbieter nachhaltiger Fonds oder ETF von Änderungen (z.B. Factsheet „Nachhaltigkeit auf einen Blick“) zu überzeugen.

Wünschen darf man sich das ja…

Es ist völlig verrückt, in Unternehmen zu investieren, die jene Zukunft bedrohen, für die wir sparen!

Alle genannten Dokumente findet man unter: https://www.zepcon.at/downloads


blogautor-robert-zepnik.png

Über den Autor: Mag. Robert Zepnik

Certified Sustainability Management-Expert Mag. Robert Zepnik zu nachhaltiger Geldanlage:

Seit 2015 arbeite ich an mehr Transparenz und individueller Flexibilität von nachhaltiger Geldanlage für den Erhalt intakter Lebensgrundlagen. Entstanden ist dabei eine bislang einzigartige Lösung, die mich und meine Kund:innen in die Lage versetzt, finanzielle und nachhaltige Kennzahlen mehrerer Anbieter (u. a. CLEANVEST PRO) gleichzeitig zu betrachten, individuelle Wünsche bis auf Einzeltitelebene zu erfüllen und das Ergebnis der Auswahl in Echtzeit einfach und verständlich darzustellen. So entstehen quartalsweise Basisportfolios, die aktuelle Entwicklungen berücksichtigen und als Grundlage für Änderungswünsche dienen.

Transparenz bedeutet bei ZEPCON übrigens auch unbeeinflusste Beratung auf Gebührenbasis, ohne jegliche Provisionen unter Einsatz von kostengünstigen ETF oder CleanShares: Weniger Kosten = Mehr Rendite.

„Sustainable Private Consulting“ zum Vorteil für uns alle. www.zepcon.at

Zepcon GmbH